»Eine Entlassung der Häftlinge kann nicht befürwortet werden …«
 
Birkesdorf ist ein alter Industriestandort, der schon früh eine feste Organisation der Arbeiter hatte. So verwundert es nicht, dass hier eine aktive Ortsgruppe des 1931 gegründeten „Kampfbundes gegen den Faschismus“ bestand. In den ersten Monaten nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde das alte Rathaus zum Ausgangspunkt für die unerbittliche Verfolgung der Gegner des Nazi-Regimes. Doch die Arbeiterbewegung wollte nicht kampflos das Feld räumen. So kam es am 4. März, einen Tag vor den Reichs- und Landtagswahlen, im Saale Kratzborn zu einer von 400 Personen besuchten SPD-Versammlung, in der der Redner des Abends, der Birkesdorfer Volksschullehrer und SPD-Funktionär Dr. Pesch, derart deutliche Worte fand, dass der anwesende Polizeikommissar Holz ihm das Wort verbot.
Bald nach der für die Nazis so enttäuschenden Reichstagswahl wurde jede öffentliche politische Betätigung für Sozialisten und Kommunisten unmöglich. Man war gezwungen, sich heimlich, getarnt, zu treffen, um nach möglichen Formen des Widerstands zu suchen. Wie dem Bericht über eine Gerichtsverhandlung zu entnehmen ist, gründete man z. B. „Wandervereine“, die auf ihren „Wanderungen“ vor allem mit der Verteilung von Flugblättern beschäftigt waren.
Obwohl die Nazis schon nach wenigen Monaten verkündeten, die Organisationen ihrer politischen Gegner seien zerschlagen, niemand stelle sich mehr der „nationalen Revolution“ entgegen, scheinen sich die Birkesdorfer sehr einfallsreich gezeigt zu haben, wenn es darum ging, ihre politische Meinung, d.h. ihren Widerstand gegen das braune System, zu äußern. Wie anders ist denn sonst eine Meldung des „Westdeutschen Beobachters“ vom 2. März 1935 zu verstehen, in der „anlässlich der Vorkommnisse am vergangenen Weiberfastnacht“ für den diesjährigen Karneval ein „Maskenverbot“ erlassen wurde?
Während die „einfachen“ Mitglieder zunächst noch unbehelligt blieben, hatte man die führenden Köpfe der Linken direkt zu Anfang verhaftet. Einen Vorwand bot der Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933. Am gleichen Tag wurde auf Weisung des „Höheren Polizeiführers im Westen“ der Birkesdorfer Kommunist Hubert Rankers, von Beruf Polsterer, „in Schutzhaft genommen.“ Über ein Jahr später, im März 1934, wird der Sonderbeauftragte der SA im Kreis Düren, Standartenführer Lentzen, um Stellungnahme gebeten, ob Rankers zu entlassen sei.
Dieser antwortete dem Landrat: „Eine Entlassung der Häftlinge … und Hubert Rankers aus Birkesdorf kann ich nicht befürworten. Diese beiden sind sozusagen der Kopf der kommunistischen Bewegung und der ausgesprochene Typ eines Volksaufwieglers. … Durch die Entlassung der beiden Genannten würde die Gefahr von Provokationen und besonderen Zusammenstößen besonders groß.“
Dass diese „Befürchtungen“ nicht unberechtigt waren, weil sich nicht alle aus der Schutzhaft Entlassenen an das Verbot der politischen Betätigung hielten, zeigt eine Meldung des „Westdeutschen Beobachters“ vom 9. August 1935:
„Ehemaliger KPD-Funktionär festgenommen. Am Donnerstagnachmittag wurde ein ehemaliger Funktionär der KPD aus Birkesdorf wegen staatsgefährlicher Umtriebe durch die Kriminalpolizei Aachen verhaftet. Er war vor einiger Zeit auf Antrag seiner Frau bei der NSDAP aus dem Konzentrationslager entlassen worden.“
In den Schutzhaftlagern und KZ der Nazis waren zeitweise bis zu 50 Birkesdorfer eingesperrt. Neben den Kommunisten traf dies gleichermaßen auch Sozialdemokraten und andere Oppositionelle.